Das Volkslied „Beresinalied“ stammt aus der Feder von Unbekannt - es basiert fast wörtlich auf dem Gedicht "Die Nachtreise" von Ludwig Giseke.
Unser Leben gleicht der Reise
eines Wandrers in der Nacht.
Jeder hat in seinem Gleise,
etwas, das ihm Kummer macht.
Aber unerwartet schwindet
vor uns Nacht und Dunkelheit,
und der Schwerbedrückte findet
Linderung in seinem Leid.
Mutig, mutig, liebe Brüder,
gebt das bange Sorgen auf:
Morgen steigt die Sonne wieder
freundlich an dem Himmel auf.
Darum laßt uns weitergehen,
weichet nicht verzagt zurück!
Dort in jenen fernen Höhen
wartet unser noch ein Glück.
Entstehung
Das „Beresinalied“ (wörtlich: „Lied der Beresina“) ist ein beliebtes Schweizer Volkslied. Der deutsche Text, der auch unter der Anfangszeile „Unser Leben gleicht der Reise“ bekannt ist, basiert auf den letzten 4 Strophen des Gedichts „Die Nachtreise“ von Ludwig Giesecke, das 1792 veröffentlicht wurde.
Sie wurde zu einem Symbol für die Opfer der Schweizer Söldner in fremden Diensten, nachdem sie von Otto von Greyerz und Gonzague de Reynold als Beresinalied populär gemacht worden war, das sich auf die Schlacht von Beresina bezog. Oberleutnant Thomas Legler (1782-1835, geboren in Glarus), der im II. Korps von Marschall Nicolas Oudinot in der Invasionsarmee von Napoleon Bonaparte in Russland diente, erzählt in seinen Memoiren Denkwürdigkeiten aus dem russischen Feldzug, wie ihn sein Kommandant während der Schlacht am 28. November 1812 an das Lied erinnerte und ihn bat, es zu singen.
Von den ursprünglich 8.000 Mann der vier Schweizer Regimenter (Division Merle) waren etwa 1.300 übrig geblieben, als die sich zurückziehende Armee den Fluss Beresina erreichte. Unter General Jean Baptiste Eblé wurden zwei Brücken über die Beresina gebaut, und das zweite Korps überquerte das westliche Ufer, um die russischen Truppen, die den Übergang behinderten, zurückzuschlagen. Am 28. November 1812 kämpften die Schweizer gegen die russischen Truppen auf der Straße nach Barysaŭ. Die Russen drängten die Schweizer Vorhut zurück und versuchten, sie in den Fluss zu treiben. Nur 300 Schweizer überlebten diesen Tag.
Reise ans Ende der Nacht
Die französische Übersetzung der ersten Strophe steht als Epigraph im Roman "Reise ans Ende der Nacht" (1932; Voyage au bout de la nuit) von Louis-Ferdinand Céline, der fälschlicherweise der „Schweizer Garde, 1793“ zugeschrieben wird:
„Notre vie est un voyage / Dans l'Hiver et dans la Nuit / Nous cherchons notre passage / Dans le Ciel où rien ne luit“
(Unser Leben ist wie eine Reise / Durch den Winter und die Nacht; / Wir suchen unseren Ausweg / In einem Himmel, wo alles lichtlos ist).
Vertonung
Die heute allgemein bekannte Melodie komponierte 1823 der Erfurter Organist und Musikdirektor Johann Immanuel Müller (1774–1839). Ihr Beginn ist stark an die Arie „Du musst glauben, du musst hoffen“ aus der Kantate "Mein Gott, wie lang, ach lange?" (BWV 155) von Johann Sebastian Bach angelehnt; ein direkter Bezug konnte bisher jedoch historisch nicht belegt werden.
Bekannte poetische Verse namhafter Dichter, die sich der Lyrik verschrieben haben:
- Unser Leben gleicht der Reise — Giseke
- Im schönsten Wiesengrunde — Ganzhorn
- Und morgen wird die Sonne wieder scheinen — Mackay
- Des Todes Ruh' ersehn' ich lebensmüd (Sonett 66) — Shakespeare
- Es gibt so Schönes — Hesse
- Auf der Reise — Busse
- Ruhe, meine Seele — Henckell