Das Gedicht „Phantasus“ stammt aus der Feder von Ludwig Tieck.
Betrübt saß ich in meiner Kammer,
Dacht′ an die Not, an all′ den Jammer
Der rund um drückt die weite Erde,
Dass man nur schaut Trauergebärde,
Wie Lust und Sang und frohe Weisen
Gezogen weit von uns auf Reisen,
Dass Argwohn, Misstraun unsre Gäste,
So Furcht wie Angst bei jedem Feste,
Dass jedermann nur frägt in Sorgen:
Wie wird es mit dir heut′ und morgen?
Dazu war ich noch schwach und krank,
Mir war so Tag wie Nacht zu lang;
Ich sorgte, was mein Arzt ermessen,
Was ich nicht trinken durft′ und essen,
Wie meine Pein zu lindern wäre,
Was mir den Schlaf, die Ruh′ nicht störe:
So saß ich still in mich gebückt,
Den Kopf in meine Hand gedrückt,
Als ich, so sinnend, es vernahm
Daß jemand an die Türe kam,
Es klopfte, und ich rief: herein!
Da öffnet schnell ein Händelein
So weiß wie Baumesblüt, herfür
Trat dann ein Knäblein in die Tür,
Das Haupt gekränzt mit jungen Rosen,
Die eben aus den Knospen losen,
Wie Rosenglut die Lippen hold,
Das krause Haar ein funkelnd Gold,
Die Augen dunkel, violbraun,
Der Leib gar lieblich anzuschaun.
Er trat vor mich und tät sich neigen,
Und sprach alsdann nach kurzem Schweigen:
Wie kömmt′ s, mein lieber kranker Freund,
Daß ihr hier sitzt, da Sonne scheint?
Der Frühling geht umher mit Pracht,
Hat Laub des Waldes angefacht,
Es brennt das grüne Feuer wieder,
Und drein ertönen tausend Lieder,
Die Erde trägt ihr Sommerkleid
Der Plan erglänzt von Blumen weit,
Es springt der Fisch in blauem See,
Vom Obstbaum hängt der Blühtenschnee,
Die Lieb- und Seegen-schwangre Luft
Durchspielt in Wogen Kraft und Duft,
Das Kindlein lacht die Blühten an
Aus rotem Mund mit weissen Zahn,
Der Jüngling sieht sein Herz und Lieben
In Blumenschrift mit Glanz geschrieben,
Sich hebt der Jungfrau schöne Brust
In ahndungsvoller Liebeslust,
Der Greis erfrischt die alten Glieder
Und dünkt sich in der Kindheit wieder,
Und jedermann fühlt freuden-schwanger
Den dunkeln Wald, den lichten Anger.
Du nur willst sitzen hier gekauert,
In deinen Sorgen eingemauert,
Von Schwermuts-Wolken rings umhängt,
In Not und Zweifeln eingeengt?
Ich kenne dich nicht wieder schier;
Hinaus mach′ straks dich vor die Tür,
Und thu dein menschlich Angesicht
Hinein in holdes Himmelslicht,
Laß nicht die Stirn dir so verrunzeln,
Der Lippen Frische ganz verschrunzeln,
Das Auge, das sonst Strahlen scharf
Von seinem lichten Bogen warf,
Ist tief hinein zum Haupt geschmolzen
Und schießt nur schwer′ und stumpfe Bolzen,
Entzweit hat sich dein Mund mit Lachen,
Scherz, Kuß sind ihm wildfremde Sachen,
In deiner gelb verschrumpften Haut
Der Kummer sich im Spiegel schaut;
Nicht, Kreatur, mach′ Schand und Spott,
Der dich geschaffen, deinem Gott,
Schau aus, als seist nach seinem Bilde
Formiret edel, heiter, milde,
Verbrümmelt nicht und ungelachsen,
Als sein in dir zusammgewachsen
All Unkraut, Stacheln, Disteln, Dorn,
Mit Schimmel, Pilzen fest verworrn;
Frisch auf, laß dich von mir regieren,
Ins Frühlings-Reich will ich dich führen.
Er schwang in seiner Rechten zart
Die Tulpenblum seltsamer Art,
Wie er sie auf und nieder regte
Ein farbig Feuer sich bewegte,
Und lichte Sterne kreisten, welche
Sich schüttelten aus goldnem Kelche,
Sie flogen wie die Vöglein munter
Mir um das Haupt, herauf, herunter,
Und neckten mich mit Flammenleuchte,
Wie ich auch bang sie von mir scheuchte.
Ich sprach halb zornig: wer bist du,
Der mich gestört in meiner Ruh,
Du Knäblein laut, vorwitziglich,
Daß du also bespöttelst mich,
Und willst, weil du ein Kindlein frei,
Daß alle Welt auch kindisch sei?
Ich habe mehr gelernt, erfahren,
Bin auch jetzund was mehr bei Jahren,
Daß Spiel, unnützer Zeitvertreib
Nicht mehr gefallen meinem Leib,
Auch ist umher die ganze Welt
Auf Ernst, Nachdenklichkeit gesiellt,
Daß der nur Thor jedwedem scheint
Der sich nicht höherm Zweck vereint,
Du aber, Knäblein, bist inmitten
Der Bildung nicht mit fortgeschritten,
Meinst noch, daß man nach Blum′ und Kraut
Und all den Kinderei′ n ausschaut,
Das hält man jetzt für Rauch und Dunst,
Mein Sohn, die Zeit ist nicht wie sunst.
Der Knabe lacht′ , daß sich das Gold
Der Locken in einander rollt
Und sprach: sonst hast mich wohl gekannt,
Ich bin der Phantasus genannt,
Heimatlich war ich sonst bei dir,
Dein Spielgefährte für und für,
Als du mich noch am Herzen hegtest
Und väterlich und freundlich pflegtest,
Da war dein Sinn anders gestellt;
Mit dir zufrieden und der Welt
War dir die Arbeit Lust und Scherz,
Frisch und gesund dein junges Herz.
Mein Auge, sprach ich, ist wohl blind;
Du also bist dasselbe Kind,
Das täglich Blumen mir gebracht,
Holdseliglich mich angelacht,
Das mir verscherzt die muntern Stunden,
Vielfältig Spielzeug mir erfunden?
Seitdem bist du von mir entwichen
Und anderwärts umher gestrichen,
Da kamen Ernst, Vernunft, Verstand,
Und gaben mir in meine Hand
Der Bücher viel und mancherlei
Voll tiefen Sinns, Philosophei,
Ich strebte, mich aus rohem Wilden
Zum wahren Menschen umzubilden;
Drauf ich auch zur Geschichte kam,
Die Not der Welt zu Herzen nahm,
Die Chronikbücher unverdrossen
Hab′ ich in Nächten aufgeschlossen,
Die Vorzeit stieg zu mir herüber
Und immer ernster ward′ s und trüber:
Bald schien mich an ein flüchtig Blitzen,
Dann glaubt ich Wahrheit zu besitzen,
Dann kam die Dämmrung, faßt′ es wieder
Und taucht′ es in die Finstre nieder;
Die Nacht ward wieder Lichtes schwanger,
Das neue Licht macht′ mich noch banger,
Wohl ahndend, daß, wenn′ s ausgegohren
Die Finstre neu draus wird gebohren:
So wies Histori mir nur Not,
Im Leben auch nur Grab und Tod,
Das Schöne stirbt, der Glanz löscht aus,
Das Irdisch-Schlechte baut sein Haus,
Und spricht von seinem Felsenthron
Den hohen Göttersöhnen Hohn:
Natur hab′ ich ergründen wollen,
Da kam ich gar auf seltsam Schrollen,
Verlor mich in ein steinern Reich,
Ich glaubte all′ s, nichts doch zugleich,
Wollt Pflanz, Metall und Stein verstehn,
Mußt′ mir doch selbst verloren gehn,
Hatt′ viel Kunstworte bald erstanden,
Ich selbst gekommen nur abhanden,
Um endlich wieder zu gelangen
Noch dummer wo ich ausgegangen:
Vielleicht weil du, mein Sohn, gefehlt,
Hab′ ich in Angst mich abgequält;
Verstehst du wohl die alten Schriften,
Wandelst wohl auch auf Weisheits-Triften?
Doch still, ich will dich jetzt nicht plagen,
Komm, laß uns in den schönen Tagen
So spielen, wie wir sonst gepflogen,
Wenn du mir etwas noch gewogen.
Der Kleine schmeichelt sich an mich,
Drückt′ an mein Knie mit Lächeln sich,
Wandt′ sich hieher und dorthin nun,
Fast wie die jungen Kätzlein tun.
Da gehn wir aus dem Haus, und warm
Nimmt Sommer mich in seinen Arm,
Die Lerch′ in Lüften jubiliert,
Hänfling und Drossel musiziert,
Das Grün schmiegt sich um Plan und Hügel,
Der Schmetterling wiegt Purpurflügel,
Die Blumen rot, braun, gold und blau
Stehn dicht gedrängt auf grüner Au,
Die Bienen summen lustig, nippen
Den Honigseim von Blumenlippen,
Duft, rötlich Glanz kreucht aus dem Baum,
Hängt von dem Zweig, ein süßer Traum.
Wie ist, sprach ich, die Welt so bunt,
Von neuem tönt und schwazt der Mund
Der kind′ schen Quellen, Frühlings Hand
Nahm von den Zungen ab das Band,
Das Winter jährlich um sie legt,
Daß sich kein lautes Wörtchen regt,
Die Sommergäst′ auch sind mit Schalle
In′ s Land zurück gekommen alle.
Indem wand sich den Buchenhain
Vom Plane ab der Weg hinein,
Der Glanz mit Grün schön war gemischt,
Die stille Luft vom Wind erfrischt,
Die wilden Tauben hört′ ich girren,
Zeisig und Fink in Nestern, schwirren,
Ein Duft süß aus den Bäumen floß,
Ein Rieseln sänftlich sich ergoß
Aus Tannenbäumen, die vom Winde
Sanft angespielt erklangen linde,
Das all war meinem kranken Leben
Als Labsal und Arznei gegeben.
Wo sind wir, Liebster? rief ich aus,
Sei mir gegrüßt, du grünes Haus,
Gegrüßt ihr frischen Bogengänge,
Willkommen mir, ihr Waldesklänge!
Ich war noch nie in den Revieren,
Sprich, wohin willst du mich denn führen?
Er sagte nichts, nur freundlich winkt
Sein Aug′ das mir in′ s Auge blinkt.
Einsamer ward der dichte Hain,
Gespaltener des Lichtes Schein,
Der sich in Gattern um uns legte
Und mit des Luftes Zug bewegte;
Da hört′ ich Wild von ferne schrei′ n,
Da sangen fremde Vögel drein
Mit wundersamen Ton, es klangen
Viel Bächlein, die aus Felsen sprangen,
Wie Schatten zog es her und hin,
Ein Schauer flog durch meinen Sinn.
Nun war′ s, als hört′ ich Kinder plaudern,
Hin lief ich ohne länger Zaudern,
Und als ich nach dem Ort gekommen
Von wo ich erst den Ton vernommen,
Da tat sich auf des Waldes Dunkel,
Und vor mir lag ein hell Gefunkel,
Rot sah ich wilde Nelken blühn,
Samt lichten Sternen von Jasmin,
Und duftend Kraut Je länger lieber,
Das rankte eine Grott′ hinüber,
An die sich hoch der Epheu schlang,
Und aus der Höhle kam Gesang.
Da schaut ich in den Fels hinein,
Dort saß ein Bild mit lichtem Schein,
Güldnes Gewand den Leib umfloß,
An den sich Spang′ und Gürtel schloß,
Das Antlitz bleich, entfärbt die Wange,
Sie schien in Furcht und Zittern bange
Und schloß sich an ein Mannsgebild,
Das schaute aus den Augen wild,
Doch lächelt′ er mit Freundlichkeit:
Er war in schwarz Gewand gekleidt,
Ein dunkles Haar hing um das Haupt,
Er trug von wildem Wein umlaubt
Den güldnen Stab in seiner Hand,
Geflochten war um sein Gewand
Epheu und Tannenzweig′ in Kränzen,
Wozwischen rote Rosen glänzen;
Er sprach und sang der Schönen vor,
Und flüsterte ihr oft in′ s Ohr.
Da fragt ich: Kind, wer sind die beide?
Der Knabe sprach: im schwarzen Kleide
Der ist der Schreck, von Märchen alten
Beschreibt er gern die Schau′ rgestalten;
Das Mägdlein da im lichten Kleid
Ist meine liebe Albernheit,
Sie ängstet sich und um so gerner
Hört sie den Andern reden ferner,
Sie fürchtet sich vor dem Erschrecken,
Läßt sich doch spielend davon necken,
Sie lächelt, und vor Schauder weint
Ihr Lachen, das in Tränen scheint,
Sie freut sich und wird voraus bleich,
So spielt sie mit dem Geisterreich,
Wenn Schreck ihr sagt: nun sprech′ ich, jetzt,
Was dich recht durch und durch entsetzt!
Dann bittet sie: so schweige lieber, -
Nein, spricht sie dann, erzähl′ es, Lieber:
Nun rauscht der schwarze Tannenhain,
Dann weinen Felsenbäche drein,
Sie meint sie stirbt vor Angst und Schmerz
Und drückt dem Schreck sich fest an′ s Herz.
Da sah ich einen Kleinen gaukeln
Und sich in allen Blumen schaukeln,
Ein herzigs Kind, das auf und nieder
Im Tanze schwang die zarten Glieder,
Bald klettert′ es in Epheuranken
Und ließ sich kühn vom Winde schwanken,
Bald stand oben am Fels der Lose
Und duckte sich in eine Rose,
So eilig, daß der Stengel knickte
Wie er sich in die Röthe bückte,
Dann fiel er lachend auf die Au
Und war benetzt vom Rosenthau:
In Blättern, aus Jasmin gezogen,
Beschifft′ er dann des Baches Wogen,
Und bracht′ als Kriegsgefangne heim
Die Bienen mit dem Honigseim;
Dann sucht′ er Muscheln sich im Sande
Und Stein′ und Kiesel vielerhande,
Und putzte drinn das Felsenhaus
Mit vielen artgen Schnörkeln aus:
Auf einmal ließ er alles liegen
Und schien durch Lüfte schnell zu fliegen,
Nun auf dem höchsten Tannenbaum
Stand er und übersah den Raum,
Mit Riesenstärke bog er dann
Des Baumes Wipfel auf den Plan
Und ließ ihn dann zurücke schießen,
Des Baches Wogen mußten fließen
In Wasserfällen laut und brausend,
Der mächt′ ge Wald dazwischen sausend,
Ein furchtbar Echo, das von oben
Hin durch den Talgrund sprach mit Toben,
Dazu des Donners Krachen viel,
Schien alles ihm nur Harfenspiel.
Er selbst, der erst ein kleiner Zwerg,
War jetzt großmächtig wie ein Berg,
Und sprang so schnell wie Blitzes Lauf
Zur Höhe des Gebirgs hinauf,
Riß aus der Wurzel mächt′ ge Felsen,
Die ließ er sich zum Tale wälzen
Mit lautem Donnern, furchtbarm Krachen,
Das machte ihn von Herzen lachen,
Wie sie im Pürzen, Springen, Kollern,
So ungeschlacht zur Ebne schollern,
Wie sie die nackten Hauer fletschen
Und Wald und Berg im Sturz zerquetschen.
Da war ich bang und furchtsam fast,
Ich sprach: wer ist der schlimme Gast,
Der erst ein Kindlein thörigt spielte,
An Bienen nur sein Müthlein kühlte,
Ein Tandmann schien, doch nun erwachsen
So ungeheuer, ungelachsen,
Daß kaum noch so viel Kraft der Welt,
Daß sie ihn sich vom Halse hält?
Das ist der Scherz, so sprach mein Freund,
Der Groß und Klein dasselbe scheint,
Oft ist er zart und lieb unschuldig,
Doch wird er wild und ungeduldig,
So kühlt er seinen Mut den frechen
Und all′ s muß biegen oder brechen. -
Kann man nicht, fragt′ ich, Sitt′ ihm lehren? -
Das hieß ihn nur, sprach er, verkehren,
Er acht′ t kein noch so klug Gebot,
Und schreit nur: das tut mir nicht noth!
So lassen sie ihm seinen Willen. -
Da schlug urplötzlich aus dem Stillen
Der Sang von tausend Nachtigallen,
Die ließen ihre Klage schallen,
Und aus dem grünen Waldesraum
Erglänzt′ ein leuchtend goldner Saum,
Von Purpurkleidern, die erbeben
In Glut, wie sich die Glieder heben
Vom schönsten weiblichen Gebilde,
Sie schritt nun lächelnd zum Gefilde,
Und kam aus dunkelm Wald hervor
Wie Sonne durch des Morgens Thor,
Das goldne Haar in Wellen fließend,
Das lichte Aug′ die Welt begrüßend,
Das rote Lächeln Wonne streuend,
Des Leibes Glanz rings all erfreuend;
So wie die Augen leuchtend gingen,
Die Blumen an zu blühen fingen,
Das Gras ward grüner, Wonnebeben
Schien Stein und Felsen zu beleben,
Die Wasser jauchzten, und im Innern
Bewegt′ ein seeliges Erinnern
Der Erde allertiefstes Herz,
Demant erwuchs und Goldes-Erz.
Wer ist, fragt′ ich, die dort regiert,
So zart und edel gliedmasirt,
Die Klare, Holde, Minniglich?
Nenn′ ihren Namen, Knabe, sprich!
Dir ist es also nicht bewusst,
Sprach Phantasus, in deiner Brust,
Was Tier′ und Pflanzen, Stein′ empfinden?
Ich muß dir ihren Namen künden?
Die Liebe ist sie! Und alsbald
Kannt′ ich die göttliche Gestalt,
Ich sprach im Flehn zu ihr: demütig
Komm′ ich zu dir, o sei mir gütig,
Wie du die ganze Welt beglückst,
In jedes Herz die Wonne schickst,
Gedenke mein, laß nicht mein Leben
Als liebeleeren Traum verschweben
Gebietend hob sie auf die Hand,
Da kamen aus dem grünen Land,
Von Bergen, aus dem niedern Tal,
Die Geister wimmelnd ohne Zahl,
Aus Bächen huben sie sich schnell
Und leuchteten von Schimmern hell,
Die Bäume taten all sich auf,
Es sprangen vor mit munterm Lauf
Die zarten Elfen, und aus kleinen
Blümlein wollten sie auch erscheinen,
Gar klein gestalt, in Farben bunt:
Da sang ein tausendfacher Mund
Der hohen Göttin Lob und Dank,
Gar wundersam war der Gesang,
Sie sonnten sich in ihrem Lächeln
Berauscht von ihres Othems Fächeln.
Da wandt′ sich Phantasus zu mir:
Nun, Werter, wie gefällts dir hier?
Ich wollte sprechen: seeliglich
Dünkt mir dies Leben sicherlich, -
Doch nahm der allergrößte Schreck
Mir plötzlich Stimm′ und Othem weg:
Was ich für Grott′ und Berg gehalten,
Für Wald und Flur und Felsgestalten,
Das war ein einzigs großes Haupt,
Statt Haar und Bart mit Wald umlaubt,
Still lächelt′ er, daß seine Kind
In Spielen glücklich vor ihm sind,
Er winkt, und ahndungsvolles Brausen
Wogt her in Waldes heilgem Sausen,
Da fiel ich auf die Kniee nieder,
Mir zitterten in Angst die Glieder,
Ich sprach zum Kleinen nur das Wort
Sag′ an, was ist das Große dort? -
Der Kleine sprach: dich faßt sein Gram,
Weil du ihn darfst so plötzlich schaun,
Das ist der Vater, unser Alter,
Heißt Pan, von allem der Erhalter. -
Ei mächt′ ger Schauder faßte mich,
Mit Zittern schnell erwachte ich,
Und so bewegt von dem Gesicht
Verkünd′ ich′ s euch, verschweig′ es nicht. -
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