GedichtGedichte

Das Gedicht „O Haupt voll Blut und Wunden“ stammt aus der Feder von Paul Gerhardt.

Am Karfreitag

O Haupt, voll Blut und Wunden,
voll Schmerz, bedeckt mit Hohn,
o Haupt, zum Spott umwunden
mit einer Dornenkron;
o Haupt, sonst schön gekrönet
mit höchster Ehr und Zier,
jetzt aber frech verhöhnet,
gegrüßet seist du mir!

Die Farbe deiner Wangen,
der roten Lippen Pracht
ist hin und ganz vergangen,
des blassen Todes Macht
hat alles hingenommen,
hat alles hingerafft,
und so bist du gekommen
von deines Leibes Kraft.

Ach, Herr, was du erduldet,
ist alles unsere Last:
denn wir haben verschuldet,
was du getragen hast.
Schau her, hier steh ich Armer,
der Zorn verdienet hat;
gib mir, oh mein Erbarmer,
den Anblick deiner Gnad!

Ich danke Dir von Herzen,
o Jesus, liebster Freund,
für deine Todesschmerzen,
da du's so gut gemeint.
Ach gib, dass ich mich halte
zu dir und deiner Treu,
und wenn ich einst erkalte,
in dir mein Ende sei!

Wenn ich einmal soll scheiden,
so scheide nicht von mir;
muss ich den Tod erleiden,
so tritt du dann herfür!
Wenn mir am allerbängsten
wird um das Herze sein,
so reiß mich aus den Ängsten
kraft deiner Angst und Pein.

Erscheine mir zum Schilde,
zum Trost in meinem Tod
und lass mich schau'n dein Bilde
in deiner Kreuzesnot;
da will ich nach dir blicken,
da will ich glaubensvoll
fest an mein Herz dich drücken;
wer so stirbt, der stirbt wohl.

Anmerkung: Johann Sebastian Bach (1685–1750) bearbeitete die Melodie und verwendete 5 Strophen des Hymnus in 4 verschiedenen Vertonungen in seiner Matthäuspassion. Er verwendete den Text und die Melodie des Hymnus auch im zweiten Satz der Kantate "Sehet, wir gehn hinauf gen Jerusalem", BWV 159. Bach verwendete die Melodie mit anderen Worten in seinem Weihnachtsoratorium, im ersten Teil (Nr. 5). Bach setzte die Melodie auch geschickt als Kontrapunkt im Halbtakt in der Eröffnungsarie der Kantate "Komm, du süße Todesstunde", BWV 161, ein und vertonte sie vierstimmig zum Abschluss dieser Kantate.
Die Melodie erscheint außerdem in Bachs Weihnachtsoratorium zu Paul Gerhardts Text Wie soll ich dich empfangen, dem ersten Choral in Teil I (Nr. 5).

Weitere gute Gedichte des Autors Paul Gerhardt.