Das Gedicht „Trotz alledem!“ stammt aus der Feder von Ferdinand Freiligrath.
Das war ′ ne heiße Märzenzeit,
Trotz Regen, Schnee und alledem!
Nun aber, da es Blüten schneit,
Nun ist es kalt, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem -
Trotz Wien, Berlin und alledem -
Ein schnöder scharfer Winterwind
Durchfröstelt uns trotz alledem!
Das ist der Wind der Reaktion
Mit Meltau, Reif und alledem!
Das ist die Bourgeoisie am Thron -
Der annoch steht, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Blutschuld, Trug und alledem -
Er steht noch und er hudelt uns
Wie früher fast, trotz alledem!
Die Waffen, die der Sieg uns gab,
Der Sieg des Rechts trotz alledem,
Die nimmt man sacht uns wieder ab,
Samt Kraut und Lot und alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Parlament und alledem -
Wir werden unsre Büchsen los,
Soldatenwild trotz alledem!
Doch sind wir frisch und wohlgemut,
Und zagen nicht trotz alledem!
In tiefer Brust des Zornes Glut,
Die hält uns warm trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Es gilt uns gleich trotz alledem!
Wir schütteln uns: Ein garst′ ger Wind,
Doch weiter nichts trotz alledem!
Denn ob der Reichstag sich blamiert
Professorhaft, trotz alledem!
Und ob der Teufel reagiert
Mit Huf und Horn und alledem -
Trotz alledem und alledem,
Trotz Dummheit, List und alledem,
Wir wissen doch: die Menschlichkeit
Behält den Sieg trotz alledem!
So füllt denn nur der Mörser Schlund
Mit Eisen, Blei und alledem:
Wir halten aus auf unserm Grund,
Wir wanken nicht trotz alledem!
Trotz alledem und alledem!
Und macht ihr′ s gar, trotz alledem,
Wie zu Neapel jener Schuft:
Das hilft erst recht, trotz alledem!
Nur, was zerfällt, vertretet ihr!
Seid Kasten nur, trotz alledem!
Wir sind das Volk, die Menschheit wir,
Sind ewig drum, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem:
So kommt denn an, trotz alledem!
Ihr hemmt uns, doch ihr zwingt uns nicht -
Unser die Welt trotz alledem!
Hintergrund
Das Gedicht "Trotz alledem!" (1848) ist eine freie Übertragung der Hymne "A Man’s a Man for A’ That" (1795) des schottischen Dichters Robert Burns. Diese wurde im englischsprachigen Raum berühmt für ihre egalitären Gesellschaftsvorstellungen, die als Ausdruck der im 18. Jahrhundert aufkommenden republikanischen Ideen angesehen werden können.
Hinweis: der Sezessionskrieg (1861 - 1865) war ein Bürgerkrieg in den Vereinigten Staaten zwischen der Union ("Nordstaaten": Abraham Lincoln, Republikanische Partei) und der Konföderation ("Südstaaten": Jefferson Davis, Demokratische Partei) — Siehe auch die Stichworte „fremde Rede“, Polyphonie, Performativität sowie die Werke des russischen Sprachphilosophen Valentin Vološinov (1895 - 1936).
In der ersten Version von 1843 übersetzte Freiligrath die 1. Strophe sehr direkt:
Ob Armut euer Los auch sei,
Hebt hoch die Stirn, trotz alledem!
Geht kühn den feigen Knecht vorbei;
Wagt’s, arm zu sein trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz niederm Plack und alledem,
Der Rang ist das Gepräge nur,
Der Mann das Gold trotz alledem!
Nach der gescheiterten Revolution von 1848 schrieb er die heute geläufige Variante der 1. Strophe (siehe oben). Sie wurde 1848 in der von Karl Marx herausgegebenen "Neuen Rheinischen Zeitung" (Köln) veröffentlicht. Diese Strophe wurde erst im 20. Jahrhundert durch die Liedermacher Wolf Biermann und Hannes Wader in Deutschland populär.
Weitere gute Gedichte des Autors Ferdinand Freiligrath.
- Trotz alledem!
- O lieb, so lang du lieben kannst
- Von unten auf!
- Die Toten an die Lebenden
- Die Auswanderer